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Das war die CombiNet Tagung 2025

25 Jahre Bahnliberalisierung – Ein Faktencheck

Zum insgesamt 14. Mal fand am 06. November 2025 wieder die traditionelle CombiNet Tagung unter dem Motto „25 Jahre Bahnliberalisierung in Österreich – Ein Faktencheck“ in der Wolke 19 im Ares Tower statt. Der neue Vereinsobmann Nikolaus Hirnschall, Geschäftsführer der Roland Spedition, konnte insgesamt 95 interessierte Teilnehmende zu diesem bedeutendsten Event im Kombinierten Verkehr in Österreich begrüßen. Mit dem neu gewählten Vorstand bestehend aus Monika Gindl-Muzik, Otto Hawlicek, Christian Glauninger und Alexander Till steht der Verein auch weiter für die Förderung des Kombinierten Verkehrs und für die Möglichkeit zur Vernetzung untereinander.

Der Kombinierte Verkehr als der Wachstumsträger im Schienengüterverkehr wäre heute nicht vorstellbar ohne eine der massivsten Umwälzungen im Europäischen Eisenbahnsystem in den letzten Jahrzehnten, der Liberalisierung des Schienengüterverkehrs. Der Prozess auf europäischer Ebene beginnt bereits in den frühen 1990er Jahren mit der Einführung der Richtlinie 91/440, die den Grundstein für alle weiteren Schritte darstellt. In Österreich beginnen die ersten Liberalisierungsschritte bereits 1992 mit der Einführung des Grundprinzips der Trennung zwischen Absatz und Infrastruktur.

Richtig „in Fahrt“ kommt die Marktöffnung in Österreich im Jahr 1998 mit der formalen Öffnung des nationalen Schienennetzes auch für Drittanbieter. Am 1. April 2001 ist es dann so weit, der erste Güterzug eines privaten Eisenbahnverkehrsunternehmens wird auf die Reise geschickt und läutet damit eine neue Ära ein.

Exakt an diesem Punkt eröffnet Markus Schinko, Geschäftsführer der Logistik Service GmbH (LogServ) aus Linz, mit seinem Vortrag die heurige CombiNet Tagung im Rahmen der ersten Panel-Runde, die von Alexander Till als Moderator begleitet wurde. Denn sein Unternehmen bzw. der dahinterstehende Konzern voestalpine waren die Betreiber dieses wegweisenden Projektes.

Er schildert die strategischen Hintergründe der Entscheidung zur Nutzung der Liberalisierung und berichtet über die Herausforderungen in der praktischen Umsetzung. Ein absolutes Highlight war der Auftritt von Gerald Schmidt, einem der ersten Lokführer der Anfangszeit. Mit viel persönlichem Engagement erzählte er von seinen ersten Fahrten und den damaligen Herausforderungen in der Ausbildung. Ihm gilt unser besonderer Dank für sein Kommen.

Von der ebenfalls zu dieser Zeit beginnenden Marktliberalisierung im Transitverkehr durch Österreich berichtete Armin Riedl, Geschäftsführer von Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG (Kombiverkehr) und Lokomotion Gesellschaft für Schienentraktion mbH (Lokomotion oder „Die Zebras“). Als Zeitzeuge und Pionier der ersten Stunde gab er spannende Einblicke in die Entstehung und Entwicklung von Lokomotion.  Seit dem Start der ersten Züge zwischen Deutschland und Italien im Jahr 2001 hat sich das Unternehmen zu einem der führenden Anbieter auf dieser für den europäischen Güterverkehr wichtigen Transitstrecke entwickelt.

Die Marktliberalisierung hat in Österreich zu einem Marktanteil der privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen von circa 45 % der Transportleistung geführt. In Europa liegt der Wert über 50 %, wie Zahlen der Regulierungsbehörden belegen.

Die Liberalisierung beschränkte sich nicht nur auf das Eisenbahnwesen. Auch in der Telekommunikationsbranche wurde rund um die Jahrtausendwende die Marköffnung eingeläutet, wie Marcus Grausam, vormals CEO der A1 Telekom Austria zu berichten wusste. Die Entwicklung spannte sich vom damaligen „Telegrafenamt“, bei dem Kund:innen als „Antragsteller:innen“ fungierten, bis hin zu einem heute – mit Ausnahme der Festnetztelefonie – praktisch komplett liberalisierten Kommunikationsmarkt.  Er wies zudem darauf hin, dass die Branche zunehmend mit Fragen der Resilienz als Teil der kritischen nationalen Infrastruktur sowie mit Wettbewerb aus Bereichen außerhalb der Regulierung, etwa der Satellitenkommunikation, konfrontiert ist.

Andreas Mandl, CEO der LTE Group und Monika Gindl-Muzik, Geschäftsführerin der WienCont Container Terminal GmbH, berichteten aus ihren Erfahrungen vor und mit der Liberalisierung. Fix definierte Tarife für Containerbeförderungen oder die täglichen kleinen Herausforderungen bei der Abwicklung von privaten Güterzügen waren nur eine kleine Auswahl an Stories aus den Anfängen einer langen Entwicklung zum heutigen Standard.

Nach der wohlverdienten Pause, die die 95 Teilnehmenden – ganz im Sinne des zentralen Vereinsanliegens von CombiNet – zum Netzwerken nutzten und in der viele „alte Geschichten“ ausgetauscht wurden, stand im zweiten Panel, erneut moderiert von Alexander Till, die aktuelle Situation und die Zukunft des Schienengüterverkehrs im Mittelpunkt.

Neben den schon im ersten Teil vertretenen Gästen Armin Riedl, Markus Schinko und Andreas Mandl diskutierten Jochen Weber, Leiter Intermodal bei Gartner KG, Wilhelm Patzner, CEO der CER Group und Christian Glauninger, Vorstand CombiNet und Geschäftsführer der Montan Speditionsges.m.b.H die aktuellen Herausforderungen im Schienengüterverkehr und im Speziellen im Kombinierten Verkehr. Armin Riedl ging in seinem Beitrag darauf ein, dass insbesondere der kontinentale Kombinierte Verkehr aufgrund der aktuellen Themen Infrastrukturverfügbarkeit, hohe Kosten und bescheidene Qualität mit akuten Rückverlagerungen auf die Straße zu kämpfen hat und Gefahr läuft, seine Rolle als Wachstumsträger der Schiene zu verlieren. Dazu wurde von mehreren großen Marktteilnehmern und Organisationen aus dem Kombinierten Verkehr ein offener Brief an das deutsche Verkehrsministerium gerichtet, da ein Gutteil der Problemstellungen in Deutschland zu finden sind.

Neben den aktuellen Herausforderungen sehen die Podiumsgäste durchaus auch „Hausaufgaben“ in der eigenen Branche. Jochen Weber brachte hier insbesondere auch die Verlader ins Spiel, welche man ebenfalls aktiver in die gesamte Thematik einbinden sollte, um die Vorteile des Systems den dortigen Entscheidungsträgern näherzubringen. Dazu sind entsprechende Ausbildungsinitiativen notwendig, um Wissen über das System sowohl auf dieser Ebene als auch in der eigenen Branche zu verankern, wie alle Teilnehmenden einhellig feststellten.

Christian Glauninger und Wilhelm Patzner brachen auch eine Lanze für den Einzelwagenverkehr, welcher gerade für kleinere Mengenströme und zur Bündelung von Volumen essenziell ist. Weil dieses Segment derzeit fast ausschließlich von den Staatsbahnen bedient wird und sich dadurch eine Monopolstellung ergibt, gleichzeitig das System dort offenbar nicht kostendeckend ist, nimmt die Attraktivität durch die reduzierten Angebote immer weiter ab. Nach Meinung aller Diskutanten sollten kooperative Initiativen auch von privaten Unternehmen ergriffen und die Verlader erneut eingebunden werden, um die Attraktivität des Systems gemeinsam zu steigern. Wobei man allerdings davon ausgehen kann, dass dies ohne öffentliche Unterstützung nicht möglich sein wird.

Insgesamt konnte Alexander Till als Fazit zusammenfassen, dass die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs jedenfalls eine absolut notwendige Entwicklung hin zu mehr Wettbewerb und breiteren Angeboten angestoßen hat. Die Entwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen. Insbesondere die aktuelle Situation im Schienengüterverkehrsmarkt erfordert sowohl von den Marktteilnehmerenden erhebliche Anstrengungen zur weiteren Angebotsverbesserung als auch von den Verantwortlichen in der nationalen und internationalen Politik, ein „Level Playing Field“ für die Verkehrsträger zu schaffen und die Infrastrukturen bereitzustellen, damit der Kombinierte Verkehr seinen Wachstumskurs wieder verstärkt fortsetzen kann.

 

Danksagung & Save the Date

Wir bedanken uns bei den Vortragenden für ihre hoch professionellen Beiträge und die rege Diskussion. Unser Dank gilt auch allen Teilnehmenden – live und online – fürs Kommen und freuen uns schon auf die nächste Tagung, voraussichtlich am Donnerstag, den 12. November 2026, wieder in der Wolke 19 im Ares Tower.

 

Die virtuelle Tagungsmappe

Alle Präsentationen und Unterlagen zur Tagung sowie die Aufzeichnung der Tagung finden Sie hier.